Mutterfleisch: Horror (German Edition) by Trojahn Simone

Autor:Trojahn, Simone [Trojahn, Simone]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Redrum Books
veröffentlicht: 2020-06-16T00:00:00+00:00

***

Als Caleb am Montag wieder zur Schule ging, war alles beim Alten. Zumindest versuchte er, sich das einzureden. Mike und Josh waren noch immer seine Freunde. Die hatten schließlich keine Ahnung von der Nacht, die er bei Vicky verbracht hatte. Wären das Dope und der Alkohol nicht gewesen, hätten sie an jenem Abend vielleicht gemerkt, dass da was im Busch war, doch die Drogen hatten ihre Sinne vernebelt, wofür Caleb durchaus dankbar war. Vicky würde bestimmt dichthalten und somit hatte er es am Ende nur noch mit ihr zu tun. Wenn er die Situation richtig einschätzte, würde sie in erster Linie enttäuscht sein. Vielleicht ein bisschen sauer. Immerhin hatte er ihr falsche Hoffnungen gemacht und sie anschließend wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. Zumindest würde es für einen Außenstehenden so aussehen.

Calebs Herz schlug ein paar Takte zu schnell, als sie sich mittags in der Kantine begegneten. Zum Glück waren Mike und Josh dabei, vor denen Vicky sich sicher keine Blöße geben wollte. Im Grunde war alles wie immer. Sie saßen zusammen, lachten über Joshs Witze und unterhielten sich. Caleb war vermutlich der Einzige, dem auffiel, dass Vickys Make-up nicht so düster wie üblich war, sie aber trotzdem weniger lachte und ein seltsamer Schleier über ihren Augen lag, den man nur für Müdigkeit halten konnte, wenn man es nicht besser wusste. Caleb zwang sich, ihren Blicken auszuweichen. Seit seiner letzten wortkargen Nachricht hatte sie sich zwar nicht mehr gemeldet, er war sich aber sicher, dass er diesen Umstand nur ihrem Stolz zu verdanken hatte. Natürlich merkte sie, dass er sie abzuwimmeln versuchte. Sie verstand nur nicht, warum, was ihr kaum zu verdenken war. Caleb wusste nicht, was er an ihrer Stelle getan hätte. Er bewunderte sie für ihre Geduld und die stoische Pokermiene. So viel Stärke entwickelte sich nicht von heute auf morgen. Sie bewies, wie viel Vicky durchgemacht hatte. Und obwohl sie gerade deshalb endlich ein ordentliches Stück von der Glückstorte verdient hätte, saß sie nun tiefer in der Scheiße denn je.

Das alles, weil sie sich in den Sohn einer Hexe verliebt hatte. Fair ging anders.

Caleb tat das unendlich leid. Er hatte das Gefühl, als hätte sein Herz seit diesem Wochenende ein paar Risse mehr, die noch eine ganze Weile bluten würden, bevor sie zu hässlichen Narben verwuchsen, die er für den Rest seines Lebens mit sich herumtragen würde.

Erst zwei Tage später passierte nach Schulschluss das, worauf er schon seit Montag wartete: Vicky schrieb ihm eine Nachricht und bat um ein kurzes Treffen. In zehn Minuten, hinter der Turnhalle.

Caleb wusste nicht, was sie Mike und Josh gesagt hatte. Er selbst behauptete, dass er noch mit einem Lehrer sprechen müsse, als er sich vor der Schule von den Jungs verabschiedete. Falls ihnen etwas seltsam vorkam, ließen sie es sich nicht anmerken. Wenn das so weiterging, würden sie allerdings bald Lunte riechen, was die Situation zusätzlich verkomplizieren könnte.

Du musst das jetzt regeln. Ein für alle Mal , dachte er verbissen, während er den schmalen Weg zwischen dem Schulgebäude und der Turnhalle entlangging und die Sonne auf seinem Scheitel spürte.

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